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1. Theil 3 - S. 205

1880 - Stuttgart : Heitz
Wallensteins Wiederauftritt. 205 ihn beim Kragen und forderte ihn auf, sich zu ergeben; da kam noch zu rechter Zeit ein Offizier zu Hülfe und zerschmetterte dem Schweden den Kopf. • Die Niederlage Tilly's war so groß, daß er zwei Tage darauf kaum 600 Mann beisammen hatte. Der Kurfürst kam den Tag nach der Schlacht wieder zum Vorschein, und Gustav war edel genug, ihn durch keinen Vorwurf zu kränken. Sie hielten nun in Halle Kriegsrath und verabredeten, ins Herz von Deutschland zu dringen; Johann Georg eroberte Böhmen und Gustav zog nach dem Rhein, wo ihm alle Städte freundlich die Thore öffneten, und im nächsten Jahre nach Baiern, von wo er den Kurfürsten Maximilian verjagte. Bei dieser Gelegenheit kam Tilly ums Leben. Er wollte den Schweden bei Rain den Uebergang über den Lech wehren, erhielt aber einen Schuß ins rechte Knie und wurde nach Ingolstadt gebracht, wo er starb. An ihm verlor der Kaiser einen großen General. 9. Wallenstein tritt wieder auf. Wallenstein hatte indessen meist in Gitschin, zuweilen auch in Prag, still, aber mit mehr als kaiserlicher Pracht gelebt. Sein Astrolog Zenno (oder Seni) redete ihm täglich vor, daß er noch über alle Feinde trimnphiren und zu einem unabhängigen Fürsten emporsteigen werde. Dies und das Gefühl seines Werthes machte den Herzog von Friedland stolz. In Prag sieht man noch den prachtvollen Palast, den er sich erbaut hatte. In einem hochgewölbten Festsaale ließ er sich von berühmten Künstlern malen, wie er auf einem Wagen, von vier Sonnenrossen gezogen, im Triumph einherfährt. Besonders schön ist eine Säulenhalle in grandiosem Style, mit den prächtigsten Frescobildern ausgemalt, von welcher sich eine freie Aussicht in den Park eröffnet. Eintausendundzweiundsiebzig Pferde standen in seinen Ställen und fraßen aus marmornen Krippen. Hundert Schüsseln wurden täglich auf seine Tafel gesetzt, wenn er allein speiste. Sechzig Edelknaben aus den vornehmsten Häusern warteten ihm auf. Sie waren in hellblauen Sammet, mit Gold und rother Seide besetzt, gekleidet. Eine Leibwache von 50 Mann, mit Helle-barden versehen und eben so wie die Pagen, nur gröber gekleidet, stand in seinem Schloßhofe und bewachte die Zugänge zu seinen Zimmern. Aehnliche Livreen trug seine zahlreiche Dienerschaft. Die Zahl der bei ihm angestellten Oberhofmeister, Stallmeister, Kammerherren, Mundschenken, Vorschneider, Küchendiener (64 Köpfe), Stallknechte und Silberdiener belief sich auf 899 Köpfe. Er gefiel sich recht darin, einen ungeheuern Aufwand zu treiben, während

2. Theil 4 - S. 390

1880 - Stuttgart : Heitz
390 Neueste Geschichte. 3. Periode. mit ähnlichem Glanze der Erfolge ihm an die Seite treten konnte. Nun mußte er seit 1866 sehen, wie die Erfolge Preußens und des aufstrebenden norddeutschen Bundes ganz unerwartet und seinen Plänen zuwider eine bedeutungsvolle Stellung einnahmen. Im Inneren hatte Napoleon Iii. unter dem Scheine einer Demokratischen Grundlage einen energischen Absolutismus gegründet, aber das so lange ermüdete Frankreich begann sich wieder zu regen, und die politischen Leidenschaften rüttelten an den Ketten, mit denen er sie fesselte. Die Allgewalt, welche er dort und hier geübt hatte, begann sich seiner Hand zu entziehen, und vergebens erschöpfte er sich in Versuchen, sie festzuhalten. Dieses Hinabsteigen von der Höhe war erst nach dem Sturze des französischen Kaisers völlig zu Überblicken, in den Jahren vorher vollzog es sich nur in einzelnen Momenten erkennbar. Denn Napoleon Iii. nahm auch in dieser Zeit immer noch eine intponirende und glanzvolle Stellung ein. Nie schien er größer gewesen zu sein, als während der Pariser Weltausstellung im Jahre 1867. Dieses friedliche Verbrüderungsfest der Culturinteressen aller europäischen und vieler außereuropäischen Nationen übertraf in seiner Großartigkeit, seiner Pracht und seinem Geschmack alle bisherigen Unternehmungen dieser Art. Vier Jahre waren über den Vorbereitungen dazu hingegangen, am 1. April wurde die Ausstellung vom Kaiser selbst eröffnet. Auf dem Marsfelde war das riesige Ausstellungsgebäude errichtet worden, in welchem nun jede Nation in abgesonderten Sälen die Ergebnisse der Industrie und der bildenden Kunst dem Auge der Beschauer darbot. An dieses Gebäude reihten sich nicht bloß die fast zahllosen Räumlichkeiten für die Erholung, die Unterhaltung und das Vergnügen, sondern auch fremdartige Bauwerke für die Schaulust Und die Betrachtung, wie ein mexikanischer Tempel, ein Tempel vom Ufer des Nil, eine türkische Moschee, ein türkischer Kiosk, ein tunesischer Palast u. s. w. Die Zahl der Besucher, anfänglich wegen der durch die luxemburgische Frage erregten Befürchtungen noch schwach, steigerte sich bald zu einem sinnverwirrenden Gewühl. Vornemtich aber wurde der Glanz dieser Tage durch die Besuche der Fürsten erhöht, welche der Einladung Napoleon Iii. gefolgt waren. Es kamen der Kaiser von Rußland, gegen welchen bei einer Parade im Gehölz von Boulogne ein, glücklicherweise verfehltes, Attentat von einem Polen verübt wurde; der Kaiser von Oestreich, König Wilhelm und der Kronprinz von Preußen, die Könige von Baiern, Württemberg,

3. Theil 4 - S. 107

1880 - Stuttgart : Heitz
Einzug der Verbündeten in Paris. 107 Spanien kommend, hatte Bordeaux besetzt, und in Paris selbst schien die wankelmüthige Volksstimmung an Napoleon irre zu werden. So rückten die vereinigten Armeen denn voll Siegeshoffnung vor, und nach einer unverhofften Begegnung mit den Marschällen Mar-mont und Mortier, welche sie bei La Fe re besiegten und dann vor sich Hertrieben, kamen sie nach angestrengten Märschen am 29. März vor der Hauptstadt an. .Die beiden genannten Marschälle hatten in der Eile alle erreichbaren Truppen gesammelt und standen mit 25,000 Mann auf den Höhen des Montmartre im Norden und Osten von Paris, ihres Herrn und Meisters sehnsuchtsvoll harrend. Dieser hatte zu spät seine verwegene Hoffnung auf einen allgemeinen Nationalaufstand aufgegeben, er rückte nun freilich den Verbündeten in Eilmärschen nach, war aber noch 40 Stunden von Paris, als dieselben schon vor dem Montmartre standen. Als er dies erfuhr, eilte er seiner Armee voran, aber doch konnte er nur von fern den Schlachtendonner hören, der schon am 30. März vor Paris erscholl. Die französische Artillerie vertheidigte mit altbewährter Kraft und Tapferkeit die Höhen von Montmartre und Belleville, aber sie vermochte den muthigen Angriffen der Verbündeten nicht zu widerstehen, welche sich am Abend des 30. März im Besitz aller Höhen und Zugänge. zu Paris befanden. Unterdeß verbreitete sich in der Stadt die größte Bestürzung; der Bruder Napoleons, der König Joseph Bonaparte, floh mit den Anhängern desselben zur entgegengesetzten Seite der Stadt hinaus, und die ganze Bevölkerung schwebte in Furcht wegen des Schicksals, welches ihr bevorstand; denn sie hatte kein Recht, auf den Edelmuth der Herrscher zu rechnen, welche für alle Unbill Rechenschaft fordern durften, die das französische Volk seit zwei Jahrzehenten in so reichem Maße in Europa geübt hatte. Am 31., um Mittag, zogen Kaiser Alexander und König Friedrich Wilhelm (während Kaiser Franz noch in Lyon verweilte) mit dem glänzenden Gefolge ihrer Prinzen, Marschälle, Generale und unter dem Zulauf einer ungeheuren Menschenmasse in die ge-demüthigte Hauptstadt ein; hinter ihnen her ein großer Theil ihrer Armeen, die Reiterei und das Fußvolk neben einander, in schönster kriegerischer Haltung und mit klingendem Spiel. Der Pöbel, welcher noch vor wenig Tagen über die hoffnungsvollen Bulletins des Kaisers gejauchzt hatte, jauchzte jetzt eben so den fremden Monarchen als Befreiern von der Knechtschaft zu; aus vielen Häusern wurden die Sieger mit Wehen der Tücher und mit

4. Theil 1 - S. 208

1880 - Stuttgart : Heitz
208 Alte Geschichte. 3. Periode. Römer. setzen gehorchten.*) Die reichste unter diesen war damals Tarent, an dem großen tiefen Meerbusen, der noch jetzt der tarentinische heißt. Aber so wie Reichthum, besonders wenn er ohne große Mühe erworben ist, leicht übermüthig macht, so war es auch hier. Es gab keine prahlerischem, naseweisern Menschen, als diese Tarentiner. Lange schon hatten sie ein Auge auf die Römer gehabt; denn es ärgerte sie, daß diese immer mehr Land gewannen, und sie fürchteten, zuletzt möchten die Römer auch wohl gar bis Tarent kommen. Und so ganz Unrecht hatten sie nicht; die Römer hatten allerdings schon manchmal mit lüsternen Augen nach Tarent ge-schaut; die reiche, herrlich gebaute Stadt reizte ihre Geldgier; denn keine Stadt war so wohlhabend, wie Tarent, aber auch keine Menschen so schwelgerisch, wie ihre Einwohner; man sagte, es gebe bei ihnen mehr Feste als Tage im Jahre. Einmal waren die Tarentiner gerade im Theater versammelt, als sich von fern eine römische Flotte zeigte, die in den Hafen einlaufen wollte, was aber durch einen zwischen beiden Völkern geschlossenen Vertrag verboten war. Die Tarentiner sahen kaum die römischen Schiffe, als ihr ganzer Nationalhaß erwachte. Sie warfen sich in ihre Schiffe, fuhren den römischen entgegen, griffen sie ohne Kriegserklärung an, versenkten mehrere, nahmen einige weg und jagten die übrigen in die Flucht. In Rom nahm man, wie sich leicht denken läßt, den Vorfall sehr übel auf; doch wollte man erst eine friedliche Ausgleichung versuchen und schickte einen sehr achtbaren Mann, Posthnmins, der schon drei Mat Cousul gewesen war, nach Tarent ab. Der Mann kam gerade dort an, als das Volk wieder im Theater war. Man hatte eben ein Fest gefeiert, und von dem vielen Weine waren die Leute noch ganz trunken. Dennoch führte man den alten Römer ins Theater, um da seinen Antrag zu vernehmen. Kaum aber hatte er seinen Mund geöffnet, als ein schallendes Gelächter sich erhob und ihn überschrie; denn er sprach als Römer das Griechische nicht so geläufig wie sie, und jedes Mal, wenn er ein Wort anders sprach, erneuerte sich der Jubel. Als er endlich unwillig die Versammlung verließ, drängten ihm Viele nach, und ein unverschämter Mensch machte sich gar das Vergnügen, des Posthnmins Mantel zu besudeln, worüber wieder das Volk in Jubelgeschrei ausbrach. Da wandte *) Eine derselben, Sybaris, war wegen der Weichlichkeit ihrer Einwohner so berüchtigt, daß man noch jetzt einen übertriebenen Luxus einen sybaritischm nennt.

5. Theil 1 - S. 249

1880 - Stuttgart : Heitz
Römische Sitten. 249 gar so herablassend sei, und gab ihm gewiß bei nächster Gelegenheit seine Stimme, wenn ihn nicht ein Anderer noch freundlicher behandelt hatte. Auch pflegten reiche Leute große Geschenke unter das Volk zu vertheilen, besonders Lebensmittel, oder hielten offene Tafel, und jeder ärmere Römer hatte einen reichern, an den er sich hielt, der ihn vor Gericht vertheidigte, in der Noth unterstützte und den er seinen Patron nannte. Dafür mußten die ärmeren, die Clienten hießen, ihren Patron, wenn er ausging, begleiten, um sein Gefolge zu vermehren, sich alle Morgen nach seinem Wohlsein erkundigen und im Nothfalle auch, wenn es zu Streitigkeiten kam, ihn mit gewaffneter Hand vertheidigen. Mancher Patron hatte wohl an 1000 solcher Clienten, die meist auf seine Kosten lebten. Arbeit hielt man für Schande und überließ sie den Sklaven, von denen die Häuser reicher Leute wimmelten. Nur genießen wollte der freie Römer, lief den ganzen Tag auf dem Markte umher, um nach Neuigkeiten zu forschen, sah die großen Schauspiele an, die von den Reichen oft angestellt wurden, und lebte von den Spenden derselben. Wollte sich daher ein angesehener Mann recht viel Liebe erwerben, so richtete er eine große Mahlzeit aus, wobei das ganze Volk gespeist wurde, oder er gab Schauspiele. So gab Sylla einmal dem ganzen römischen Volke ein ungeheueres Gastmahl. Die Tafeln wurden auf dem Markte angerichtet, das Mahl währte mehrere Tage und der Wein wurde dort wie Wasser verschwendet. Des Essens gab es eine solche Menge, daß die Ueberreste jeden Abend in die vorbeifließende Tiber geworfen wurden. — Eine ähnliche Volksmahlzeit richtete späterhin Cäsar aus. Er hatte in 22,000 Zimmern und Sälen decken lassen; die Speisen waren in großem Ueberflnfse da und der köstliche Wein stoß in Strömen, denn in jedem Zimmer lagen zwei Fässer von verschiedenen Sorten zum beliebigen Gebrauch der Gäste. Das Zuströmen der Gäste war an diesem Tage so groß, daß viele Menschen dabei erdrückt wurden. Noch eine dritte solche Mahlzeit muß hier erwähnt werden, die des Crassus, der das Volk an 20,000 Tischen speiste und dann noch Jedem so viel Korn reichen ließ, daß er für drei Monate genug hatte. Dieser Crassus ist sonst noch wegen seines ungeheueren Reichthums berühmt, den er überall zusammengescharrt hatte. Besonders hatte er dadurch viel verdient, daß er, als in Rom die Bürgerkriege gährten, an denen er einen thätigen Antheil nahm, alte, verfallene oder ihrer Besitzer beraubte Häuser wohlfeil kaufte und

6. Theil 1 - S. 251

1880 - Stuttgart : Heitz
Römische Sitten. 251 ein edles Thier von den Fechtern erstochen und jedes Mal jubelte das blutgierige Volk laut auf; 500 herrliche Löwen wurden so niedergemetzelt. Am letzten Tage waren die Kämpfe mit Elephanten, deren eine Menge, nicht ohne einiges Mitleiden der Zuschauer mit den edlen Thieren, niedergestochen wurde. Als die guten Thiere merkten, daß man ihnen ans Leben wollte und sich verwundet fühlten, traten sie alle ängstlich zusammen und versuchten die eisernen Gitter, d-ie sie von den Zuschauern trennten, zu zerbrechen, um sich zu ihnen zu flüchten. Da das aber vergeblich war, erhoben sie ein klägliches Geschrei und machten solche Geberden, als wenn sie um Schonung bäten. Das rührte das Volk, und so gern es auch sonst Blut fließen sah, so verwünschte es doch die Grausamkeit des Pompejus, der sie dennoch todtstechen ließ. Späterhin ließ Cäsar einmal ein solches Theater ganz mit Purpurdecken, wie mit einem Dachgewölbe überziehen, damit die Zuschauer im Schatten säßen. Und Pompejus ließ gar in einer solchen überspannten Decke Rinnen anbringen, die sich in seine Löcher, wie unsere Gießkannen, öffneten und einen feinen Staub von wohlriechenden Wassern auf die unten sitzenden Zuschauer fallen ließen. Und diese Theater waren nicht so klein wie die nnsrrgen, sondern tvie unsere Marktplätze. Wenn die vornehmen Römer schon in der Stadt ungeheuere Summen aus ihre Paläste, auf Schauspiele, Gastmähler und andere Dinge verwendeten, so wurde doch noch viel mehr ausgegeben für die Einrichtung ihrer Villen (Landhäuser). Da gab es keinen reichen Römer, der nicht mehrere hatte. Am berühmtesten waren die des schon erwähnten Lucullus. Er hatte sich herrliche Gärten in der reizendsten Gegend Italiens, bei Neapel, gekauft, die er auf das prächtigste und geschmackvollste einrichtete. In den Landhäusern hatte er marmorne Bäder, durch welche immer frisches Wasser geleitet werden konnte; durch seine Schlafkabinette waren Bäche geleitet, die durch das gleichmäßige Murmeln ihrer kleinen Wasserfälle den Müden in den Schlaf lullten. Die Gärten waren mit kostbaren Bildsäulen, die als Meisterstücke aus Griechenland fortgeschleppt waren, verziert, Berge durch Grotten untergraben, Kanäle aus dem Meere bis in die Gärten angelegt, um hier in weiten Fischteichen immer wohlschmeckende Seefische halten zu können (er hatte deren so viele, daß nach seinem Tode für ungefähr 170,000 Thaler verkauft wurden), und Gartenhäuser auf Dämmen ins Meer hineingebaut. Hier bei Neapel pflegte er im Winter zu

7. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 212

1877 - Stuttgart : Heitz
D. F. Nun daun! — Wenn das ist — Schicke ich dich fort, so hätte ich dich doch immer verstoßen, und du hast mich doch dringend gebeten, das nicht zu thun. Auch hat dich deine Mutter nun einmal in meine Arme geworfen. Ich muß denn schon auf Anstalten denken. — Bleiben Sie da! Ich komme wieder, Madame! (Ab.) (Der Knabe wurde auf Kosten des Fürsten der Aufsicht und Erziehung des Schul- direktors übergeben.) 4. Ññs Singlpiej. Das Singspiel ist darauf berechnet, daß die Handlung ent- weder durchgängig oder doch abwechselnd mit Musik begleitet werde. Was also die Cantate unter den lyrischen Dichtungs- arten ist, das ist das Singspiel in der dramatischen Poesie. Da- her kommen auch in ihm eben so wie in der Cantate Arien, Arietten, Cavatinen, Duetts, Terzetts, Chöre u. s. w. vor. Wie in der Cantate muß sich die Musik nach den vorgetragenen Ge- fühlen richten; Dichter und Componist muffen Hand in Hand gehen. Bei'm Trauer-, Lust- und Schauspiel soll der Zuschauer in die Täuschung versetzt werden, daß er für den Augenblick sich überrede, das, was auf dem Theater vorgeht, geschehe in der Wirklichkeit. Diese Täuschung wird nun bei'm Singspiele aller- dings aufgehoben; denn in der Wirklichkeit pflegt man weder feine Gedanken und Gefühle abzusingen, noch werden sie da von der Musik begleitet, und so kann auch die lebhafteste Phantasie den Zuschauer nicht in die Täuschung einwiegen, daß das, was er vorgehen sieht, etwas anders als ein Kunstwerk sei. Allein auf der andern Seite wird der Genuß des Zuschauers dadurch erhöht, daß er nicht nur eine lebendige Handlung sieht, sondern daß auch zugleich die Tonkunst und die Malerkunst auf seine Sinne angenehm einwirken. Denn auch die Malerei wird in der Regel zu Hilfe genommen, um das Theater auf eine ausgezeich- nete Weise zu schmücken. So wirkt also das Singspiel zugleich auf das Ohr, das Auge und die Phantasie des Zuschauers. Das Singspiel zerfällt aber in drei einzelne Formen: 1) das Melodrama, 2) die Oper und 3) die Operette.

8. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 214

1877 - Stuttgart : Heitz
214 das Gefühl lebhafter wird, tritt der Gesang ein. Alle früheren Operetten sind daher komischen Inhalts. Erst in neuerer Zeit haben die Operetten einen andern Charakter angenommen, in- dem man die italienischen und französischen Opern ans deutschen Boden verpflanzte, die Recitative in Dialoge verwandelte, und nur die Arien, Duette und Chöre mit musikalischer Begleitung singen ließ. Aber dadurch hat die Operette die leichte Anmuth Verloren, die sie nach ihrer ersten Bestimmung hat, und die Arien sind kunstvoller und die ganze Ausstattung überladener und aus- geschmückter geworden. Hier eine Scene aus dem lustigen Schuster von Weiße (Kreissteuer-Einnehmer in Leipzig, gest. 1804), einer älteren Operette: I 0 bsen Zecket (ein Schuhflicker). Lene (seine Frau, setzt sich an's Spinnrad). Nickel (ein Schuhknecht, bringt ein Schurzfell voll alter Schuhe, von denen er allezeit ein Paar wieder verliert, wenn er ein Paar aufgehoben hat). Nickel. Ich glaube, die Schuhe fangen an, wie dem Meister sein Geld davon zu laufen. Jobsen. Raisonnire nicht! Ich laß es bloß zum Besten des Staats ruliren. — Mach die Werkstatt zurecht! (Jobsen und Nickel machen die Werkstatt zurecht und setzen sich an ihre Arbeit.) Lene (am Spinnrads): Wie werden die Nachbarn nicht stutzen, Wenn ich mich auf's Neue kann putzen; Sie wissen nicht, warum? Denn sie sind dumm. Und wenn sie mich fragen, So werd' ich sagen: I darum! So pflegen's die Damen zu machen; Sie weinen, um wieder zu lachen, Und wer nicht weiß: warum? Der heißt sie dumm. Doch wollt ihr sie fragen, Sie werden sagen: I darum. Jobsen (wirst Nickeln ein Paar Schuhe zu.) Da flicke du des Magisters Schuhe. Er hat am Sonntage allen Respekt vergessen, und mich nicht, wie den König der Schuhflicker, sondern wie den König der Faullenzer herunter- gemacht, und ich schreie doch in der Kirche die Orgel und den Schulmeister

9. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 51

1877 - Stuttgart : Heitz
7. Die Cantate. Die Cantate ist ein Gedicht, das aus mehreren, mit einan- der abwechselnden Sätzen (Recitativen, Arien, Arioso's, Cavati- nen, Chören) besteht, zur Feier eines wichtigen Ereignisses be- stimmt und so eingerichtet ist, daß es von der Musik begleitet werde. Die Musik soll die im Gedichte herrschenden Gefühle ver- sinnlichen und starker herausheben. Der Dichter darf also bei der Abwechselung der verschiedenen Sätze nicht den Componisten vergessen, und ebenso muß dieser bei der Tonsetzung beständige Rücksicht auf den Text nehmen. Die in der Cantate herrschen- den Gefühle können sehr mannigfaltig sein; es kann Freude, oder Trauer, oder Wehmuth, oder Hoffnung u. s. w. darin vorherr- schen, und ebenso können diese Gefühle sanft wie im Liede und in der Elegie, oder hochbegeistert wie in der Ode und Hymne sein. Dem Inhalte nach kann die Cantate religiös oder weltlich sein. Die religiöse besingt die Größe Gottes, oder seine Eigen- schaften, die Verdienste Jesu, die Unsterblichkeit, den wunderbaren Gang der göttlichen Vorsehung u. dgl., oder bezieht sich aus kirchliche Feste. Größere religiöse Cantaten nennt man Orato- rien. Die weltliche Cantate bezieht sich auf die Feier eines Geburts-, Todes- oder Hochzeitstages, auf die Einweihung eines wichtigen Gebäudes, auf die Eröffnung einer neugestifteten An- stalt u. s. w. Noch sind die Namen der in der Cantate vorkommenden Sätze Zu erklären. Sie stammen sämmtlich aus dem Italieni- schen her. Das Recitativ unterscheidet sich durch seinen Inhalt und durch seine Form. Es drückt nicht sowohl Gefühle aus, als daß es den Zuhörer in die Stimmung versetzen soll, welche die. fol- genden Arien oder Chöre belebt. Daher werden im Reci- tativ der Zweck und die Wichtigkeit des zu begehenden Festes, oder die Verdienste des Mannes, dem das Fest geweiht ist, ge- schildert, oder es wird darin erzählt, was der Zuhörer wissen muß, um das Folgende zu verstehen. Das Recitativ wird zwar auch gesungen und von der Musik begleitet, aber es herrscht in dem Texte weniger Rhythmus und in der Musik weniger Melodie, als 4 -i-

10. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 52

1877 - Stuttgart : Heitz
52 in der Arie; mit einem Worte: es hält die Mitte zwischen Ge- sang und Déclamation. Geht am Ende oder in der Mitte des Recitativs die ruhige Betrachtung desselben in ein lebhaftes Ge- fühl über, so entsteht das Arioso, das also mehr lyrischer Natur, als das Reci- tativ, ist, und mehr Rhythmus in dem Texte und mehr Melodie in der Musik hat. Die Arie drückt ein bestimmtes Gefühl ans, es sei nun das der Freude oder der Wehmuth oder ein andres, und wird von einer passenden Melodie begleitet. Wird eine Arie von zwei, drei, vier, fünf oder sechs Personen abwechselnd gesungen, so entsteht ein Duett, ein Terzett, ein Quartett, ein Quin- tett oder ein Sextett. Die Cavate oder Cavatine ist eine ganz kurze Arie. Unter dem Chor versteht man das Zusammensingen mehrerer oder aller theilnehmeuden Personen. Es tritt dann ein, wenn das durch die vorangegangenen Siugstücke erregte Gesammt- gefühl oder überhaupt ein gemeinschaftliches Gefühl ausgedrückt werden soll. Cantate bei Einweihmig der ncuhcrgestclltcn großen Orgel in der Elisabeth-Kirche in Breslau 1830 (von Kudraß, Fabrikant in Breslau). Chor. Groß ist der Herr an Macht und Ruhm; Ihn preist der Himmel und die Erde. Auch hier im stillen Heiligthum Geheiliget sein Name werde. Sein Reich ist ewig fern und nah: Halleluja! Recitativ. Der Töne Bau, der Andacht neu geweiht, Enthüllt sich heut', und feierliche Klänge Begleiten hehr die festlichen Gesänge Des Freudcntags der frommen Christenheit. Heil! wunderbar in taufend Melodiken, Bald lieblich sanft, wie Engelchöre mild, Bald wie der Sturm, der brausend sich enthüllt. Zum Himmel auf der Orgel Töne fliehen.
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